Hallo Magne
Herzlichen Dank für das Lob. Ich sende es dir sehr gerne postwendend zurück. Auch ich freue mich stets über deine ausführlichen und anschaulichen Schilderungen. Ich gebe zu, ich schreibe eigentlich gerne, wobei es Situationen gibt, wo es einem auch mal zum Hals heraus hängt. Dieses Schreiben verfasse ich jetzt zum zweiten Mal, weil ich beim ersten Abschicken zwei Bilder angehängt hatte, die das System nicht akzeptiert, ist dann gleich der gesamte Schrieb futsch.
Was das Dreschen betrifft, so stelle ich fest, dass dein Vater offenbar sehr fortschrittlich und experimentierfreudig war! Und was das Fahren im Zweiergespann und die Besatzung des Versuchsfahrzeuges und die Absackplattform mit Schleudersitz-Effekt betrifft: Mit eigenen Leuten kann man es ja machen!
Ich kann mich nicht daran entsinnen, dass man bei uns in der Gegend so etwas praktiziert hätte. das mag daran liegen, dass "wir Bergler" stockkonservativ und (so sagt man) entsetzlich stur sind. Ich denke, das ganze hatte aber auch einen ganz praktischen und wirtchaftlichen Hintergrund.
So wurde bei uns sehr lange ein "alter Zopf" aus den Zeiten des Zweiten Weltkrieges weitergeführt und dabei ging es um die Selbstversorgung mit Brotgetreide. Dieser sollte 100 % betragen und die für den Anbau zugelassene Sorte hiess "Probus". Das war betreffend Geschmack und Backqualität ein ausgezeichneter Weizen - allein die Anbaueigenschaften waren zum Davonlaufen. Es handelte sich dabei um einen sehr altertümliche Weizensorte, die sehr viel mit Dinkel gemeinsam hatte: Ganz lange Halme, mieserable Standfestigkeit und ein geradezu lächerlicher Ertrag. Aber der Preis war damals exorbitant und wenn ich mir überlege, was ich heute für meinen Gerste bekomme, dann muss ich vermeiden, an die "Probus-Preise" zu denken. Ich erinnere mich, dass 100 kg ab Feld über 100 Franken gegolten haben.
Aber stell dir mal vor, du würdest bei einem solchen Produkt und diesen Preisen am Berg mit einem "schrägen" Mähdrescher herumkurven, der Dank der schiefen Dreschkästen ganz viele Körner verliehrt!!! Völlig undenkbar!! Und bei dem Preis lag auch alleweil noch Handarbeit drin.
Also wurde auf den Einsatz des MD verzichtet und mit Frontbindemähern am Einachstraktor am Berg herumgewerkelt. Immerhin knusperte das Ding die Halme ab, büschelte die Halme zu Garben und knüpfte die sogar zusammen!
Nachher wurden Puppen gemacht und das Getreide am Feld ausgereift, zu Hause in der Scheune gelagert und im Spätherbst und Anfangs Winter kam die Dreschmaschine.
Das hat sich erst geändert, als die ersten Mähdrescher mit Hangausgleich kamen. Ich glaube, die ersten waren von Laverda. Das war Ende der 70-er / Anfangs der 80-er Jahre. Damit haben wir die Phase der gezogenen MD, die MD ohne Kabine und die Absackstände regelrecht verpasst. Das gab es alles, bei uns im Flachland. Aber nicht in der buckligen Welt! Ich weiss nur nicht mehr, ab wann Allrad bei den MD eingeführt wurde.
Ab da ging alles rasend schnell. Innerhalb von 5 - 10 Jahren hat niemand mehr Puppen gemacht und zu Hause gedroschen! Und auf "Probus" folgte "Arina". Und Dank des sensationell hohen Ertrages waren beim Brotgetreide die goldenen Zeiten ebenso schnell vorbei!
Wenn du im Internet bei "Bilder" das Suchwort "Frontbindemäher" eingibst, erhälst du als Suchergebnis einen Bild aus dem Prospekt der Firma Rapid! So sahen die Dinger aus, mit denen wir am Hang herumgewerkelt haben. Einfach entsetzlich....
Herzliche Grüsse aus der buckligen Welt.
Fritz