Liebe Kollegen
Ich finde es toll, wenn man hier im Forum die Sache etwas breiter abweiden kann und sich nicht "nur" an irgendwelchen Schrauben und Blechteilen festklammert. Insofern ist es für mich auch interessant, ein fachliches Feedback zu erhalten. Also Jürgen: Nur zu! Und dass es auch in Deutschland Steillagen zu bewirtschaften gibt, steht ausser Frage. Vor allem ist für mich interessant zu erfahren, wie man das bei euch macht - wobei ich damit eher an professionellen Lösungen interessiert bin. Den Opa wie an der Kieler Woche als Gegengewicht auf der Ackerschiene ausreiten zu lassen, mag auf den ersten Blick ganz lustig sein - eine Dauerlösung ist das nicht. Und Gnade uns Gott, wenn das jemand von die Unfallversicherung sieht! Das gibt dann Ärger bis genug...

Noch eine letzte Bemerkung, bevor wir wieder zum MAN-Kerngeschäft zurückkehren. Viele werden sich fragen, wieso weidet der Mensch diese Hänge nicht einfach mit Rindern, Schafen oder Ziegen ab und macht statt dessen ein solches Heu-Theater!
Dafür gibt es drei Erklärungen:
1. Eine Extensive Wiese muss einmal im Jahr gemäht und darf vor dem 1. September nicht beweidet werden. Viele der seltenen Pflanzen ertragen zwar den Schnitt oder den Verbiss durchaus, aber der Tritt ist für sie tödlich. Wenn man auf die Qualitätsbezahlung für die seltenen Pflanzen aus ist, muss man die Weiderei einfach sein lassen.
2. Es gibt eine Verordnung die besagt, dass ein Betrieb der als Landwirtschaft anerkannt werden möchte, einen gewisse Mindestanzahl an Standardarbeitskräftestunden aufweisen muss. Zur Zeit liegt diese GRenze bei 0.25 SAK. Das entspricht also einem 1/4 einer Vollzeitstelle. Um die SAK eines Betriebes zu ermitteln, gibt es Computerprogramme, in denen mittels Arbeitszeitmessungen der Zeitbedarf für die einzelnen Kulturen ermittelt und festgelegt worden ist. Nun ist es dabei so, dass die Weiderei wesentlich weniger SAK gibt, als das Mähen und dass bei der Beweidung dre für das Mähen gewährte Steillagen-Zeitzuschlag völlig entfällt.
Konkret: Zur Zeit komme ich mit meiner Art der Bewirtschaftung auf 0.49 SAK, was einer Halbtagsstelle entspricht und deutlich über der Minimalanforderung liegt. Wenn ich alles weiden würde, schrumpft der Zeitbedarf für die Betriebsführung auf unter 0.25 SAK, weswegen wir dann kein Landwirtschaftlicher Betrieb mehr wären. Damit würden wir auch keine Direktzahlungen mehr erhalten und das wäre dann das Ende der Fahnenstange.
Das Leben ist kompliziert...
Noch eine Bemerkung zu Leos Beitrag. Das Leben der Bergbauern ist selbstverständlich hart. Mir fällt jedoch auf, dass ich augerechnet bei diesen Menschen eine grosse Freude an ihrem Beruf, eine tiefe innere Ruhe und Zufriedenheit und eine bewundernswerte Gelassenheit antreffe. Ob die Leute durch das Leben am Berg so werden...? Man könnte in einer Argumentation diesen Befund auch umgekehrt interpretieren: Das würde bedeuten, dass der Berg sich seine Bewirtschafter selbst aussucht und diejenigen, welche die geschilderten Wesenseigenschaften nicht schon von sich aus mitbringen von Anfang an zum Scheitern verurteilt sind und davonlaufen. So wie bei den Fishermans: Sind sie zu stark, bist du zu schwach! Und das gilt auch nicht für die Berge allein. Das gilt doch auch für die Leute auf den Halligen und in der Rhön genauso.
Frech formuliert würde das so klingen: Agronom oder Landwirt kann jeder sein oder werden. Bauer zu sein jedoch ist eine Berufung! Und nur wegen der Direktzahlungen wird man keinen dazu überreden können, einen Bergbauernbetrieb oder eine Hallig zu bewirtschaften!
Uhi, ich hoffe doch, hier nicht in ein Wesennest gestochert zu haben...
Demnächst gibt's Bilder vom Überrollbügel! Dann machen wir damit mal eine Immelmannrolle und einen Looping!

So, ich muss...
Gruss aus der buckligen Welt
Fritz